Aus unserer Verbandszeitschrift

Was ist Kameradschaft?

Kameradschaft im allgemeinen, militärischen und zivilen Kontext

Kam Kameraden3Links: Flandern, Weihnachten 1914, im Ersten Weltkrieg: Deutsche und englische Soldaten verlassen die Schützengräben und schließen eine von der Befehlsstelle nicht autorisierte Waffenruhe. Der „Weihnachtsfrieden“ dauerte ganze sechs Tag an. In dieser Zeit begruben beide Seiten ihre Toten, tauschten Geschenke aus und spielten Fußball.

Das Wort "Kamerad" bedeutet „Kollege“ oder „Verbündeter“. Es leitet sich aus dem Spanischen, Portugiesischen „camarada“ und aus dem Lateinischen „Camera“ ab, was so viel wie „Kammer“ oder „Zimmer“ bedeutet. Offenbar ist hiermit eine Stube für Soldaten gemeint gewesen. Verwandt mit dem italienischen Wort „camerata“, was „Gefährte“ oder „Kammergemeinschaft“ bedeutet, ist es gleichbedeutend mit dem französischen Wort „camarade“. „Kamerad“ wird im Dreißigjährigen Krieg geläufig und allgemein für Gefährte und Genosse verwendet. Die aufgegebene mittelfranzösische/französische Nebenform „camerade“ wird im 16. Jahrhundert in die deutsche Militärsprache entlehnt. Die politische Verwendung wurde während der französischen Revolution forciert, wobei es dabei zu einer Form der Anrede zwischen Sozialisten und Arbeitern kam. Im 17. Jahrhundert wird Kameradschaft für „Freundschaft, Gemeinschaft oder Verbundenheit“ verwendet und im 19. Jahrhundert mit dem Adjektiv „kameradschaftlich“ ergänzt.1

Kameradschaft ist eine besondere Form der Gemeinschaft, die auf Vertrauen, Loyalität, Kollegialität und Solidarität basiert. Sie entsteht oft in Situationen, in denen Menschen gemeinsam Herausforderungen meistern müssen oder ein gemeinsames Ziel verfolgen, sei es im Militär, im Sport, bei der Feuerwehr oder in anderen Bereichen. Kameradschaft ist jedoch nicht auf diese Kontexte beschränkt, sondern kann auch im alltäglichen Leben entstehen, wenn auch größtenteils die Begrifflichkeit der Kameradschaft im militärischen Zusammenhang genannt und erwähnt wird.
Kameradschaft zeichnet sich durch eine starke Verbundenheit aus, die sich bis zu einer Art Bruderschaft untereinander entwickeln kann. Füreinander da zu sein und gegenseitige Unterstützung, besonders in schwierigen Zeiten, bildet den Kern. In solch einer kameradschaftlichen Gemeinschaft kann man sich blind auf den anderen verlassen und sich sicher fühlen, nie mit seinen Problemen und Aufgabenstellungen allein konfrontiert zu sehen. Auch sorgt sie für eine höhere Risikobereitschaft und kompensiert einzelne Defizite der Gemeinschaft und lässt diese, falls erforderlich, über sich hinauswachsen, was aus der Vergangenheit an etlichen militärischen Beispielen bereits beschrieben wurde.
Kameradschaft kann die eigenen Überlebenschancen oder die der anderen Mitglieder verbessern. 

Doch Kameradschaft kann auch Herausforderungen mit sich bringen. Es erfordert ein gewisses Maß an Vertrauen und Offenheit, um ein tiefes und festes Band zwischen den Mitgliedern zu etablieren. Jeder einzelne muss bereit sein, sich auf den anderen einzulassen und auch bereit sein, selbstlos Unterstützung anzubieten und zu leisten, besonders auch dann, wenn dies für sich selbst keinen unmittelbaren Vorteil bringen mag. So bedeutet dies selbstverständlich auch, gemeinsame Werte und Ziele zu teilen und sich füreinander einzusetzen. Geht es doch im kameradschaftlichen Kontext um die gemeinsame Sache, der man sich verpflichtet und verschrieben hat. Diese Form der Bindung lässt sich vor allem im militärischen Bereich beobachten, aber nicht nur. So kann Kameradschaft ebenso im zivilen Bereich, beispielsweiße unter Kumpeln im Bergbau, oder in anderen teamgeprägten Strukturen, wie Zoll, Polizei oder der Feuerwehr gefunden werden. Eben überall dort, wo nur die Vergemeinschaftung von Kräften zum Ziel führt, im Gegensatz zum einzelnen Individuum.

Kameradschaft ist ein tief verwurzelter Wert, der von Menschen in allen Gesellschaften, Gesellschaftsschichten und Kulturen jeher geschätzt wird und wurde. Selbst in der Antike war Kameradschaft ein Kernbestandteil. Im alten Rom sprach man von „Cohortatio“, was ein essenzieller Teil der römischen Armee war. Cohortatio half den Soldaten fern ab der Heimat die harten Umstände der damaligen Kriege zu meistern und die Moral weitestgehend hochzuhalten. Daneben stellte Cohortatio aber auch eine Form der erforderlichen sozialen Kontrolle innerhalb der Armee dar, da die Soldaten für das Verhalten ihrer Kameraden verantwortlich waren. Bei Fehlverhalten oder Regelverstößen Einzelner konnte die ganze Einheit bestraft werden. Diese Form der Kontrolle wird bis heute in den verschiedensten Armeen und Einheiten praktiziert.

Die Kameradschaft bei den Römern wurde auch außerhalb des militärischen Kontexts gelebt, insbesondere in der römischen Gesellschaft. Es war eine wichtige Komponente der römischen Kultur und des römischen Staates. Die Römer glaubten an die Tugenden der Loyalität, des Respekts und der Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft und die Kameradschaft war ein wichtiger Teil dieser tiefverwurzelten Tugenden.
Im Wesentlichen geht es darum, dass Menschen füreinander einstehen, sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam Herausforderungen meistern. Kameradschaft ist ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt von Gruppen und Gemeinschaften, sei es im militärischen oder zivilen Kontext.
In unserer heutigen Gesellschaft, die oft von Individualismus und Konkurrenz geprägt ist, spielt Kameradschaft eine umso wichtigere Rolle. Sie kann dazu beitragen, Menschen mit gleichen Werten und Zielen zusammenzuführen und -zuhalten. Sie ist das Bindeglied der Wertegemeinschaft. Sie stärkt, fördert und unterstützt das Vertrauen ineinander, sorgt für Solidarität, schafft Synergieeffekte und festigt das soziale Gefüge der einzelnen Mitglieder.

Jedoch erfordert das erfolgreiche Gedeihen von Kameradschaft einen wesentlichen Bestandteil von Menschen: Vertrauen!
Wenn Menschen einander vertrauen, sind sie bereit, sich aufeinander zu verlassen und gemeinsam Ziele zu verfolgen.
Kameradschaft erfordert auch: Mut!
Mut sich auf andere zu verlassen und in schwierigen Situationen füreinander einzustehen, gemeinsam Risiken zu wagen und Problemstellungen entgegenzutreten und zu meistern – für die gemeinsame Sache.
Kameradschaft bedeutet aber auch, einander zu respektieren und zu unterstützen, unabhängig von Geschlecht oder sozialem Status. In unserer Gesellschaft, in der Solidarität und Zusammenhalt oft auf der Strecke bleiben, kann Kameradschaft dazu beitragen, Brücken zwischen Menschen gleicher Gesinnung und Werten zu schlagen und gemeinsam Ziele zu erreichen.

Kameradschaft ist die Chance auf Größeres, was im Einzelfall unerreichbar wäre.

 

Kam Friedrich Zweite swKameradschaft im militärischen Kontext

Links: Friedrich II. (der Grosse, 1712 - 1786), Gemälde von Anton Graf 1781

Kameradschaft ist ein zentrales Thema in jeder Armee, unabhängig von ihrer Herkunft oder Geschichte. Kameradschaft ist ein Begriff, der den Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Soldaten beschreibt und eine wichtige Rolle für den Erfolg von militärischen Missionen spielt. Im Folgenden wird der Begriff „Kameradschaft“ im militärischen Kontext genauer untersucht, wobei auch Zitate deutscher militärischer Größen einbezogen werden.
Die Kameradschaft hat ihren Ursprung in der Geschichte der Kriegsführung, insbesondere in der Notwendigkeit, dass Soldaten in der Schlacht zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich zu sein.

Sie wurde von vielen militärischen Führern in der Geschichte betont. So sagte beispielsweise der deutsche General Erwin Rommel: „Die Kameradschaft ist der Schatz des Soldaten. Er teilt mit seinen Kameraden Gefahr, Entbehrung und Sieg. Kameradschaft bedeutet den Willen, füreinander einzutreten und miteinander zu leben.“2 Auch der preußische König Friedrich der Große betonte die Bedeutung von Kameradschaft in der Armee: "Es ist der Geist, der sich den Körpern unterwirft. Nur wer sich im Geist der Kameradschaft mit anderen verbunden fühlt, wird den Gefahren des Krieges gewachsen sein."3
Kameradschaft ist jedoch nicht nur eine Frage der Zusammenarbeit. Eine gewisse Disziplin und Professionalität im Umgang miteinander gilt es dabei zu wahren. Der deutsche Generaloberst Ludwig Beck sagte hierzu: "Kameradschaft kann man nicht verordnen, sie muss wachsen. Aber sie kann auch zerstört werden, wenn Disziplin, Pflichtbewusstsein und Anstand vernachlässigt werden."4 Es ist daher wichtig, dass Soldaten sich nicht nur aufeinander verlassen, sondern auch aufeinander achten und füreinander einstehen.

Insgesamt ist die Kameradschaft ein wichtiger Faktor für den Erfolg von militärischen Missionen. Soldaten müssen in der Lage sein, gemeinsam schwierige Aufgaben zu bewältigen. Das gefestigte Vertrauen und der Zusammenhalt, der durch sie entsteht, hilft diese zu lösen. Dabei spielt die einzelne Herkunft der Soldaten und deren Eigenschaften keine Rolle. General der Bundeswehr a.D. Harald Kujat sagte dazu: "Kameradschaft bedeutet auch, dass die Herkunft und die persönlichen Eigenschaften der Soldaten keine Rolle spielen. Es geht darum, dass man als Team zusammenarbeitet und sich gegenseitig vertraut."5
Es ist wichtig zu betonen, dass Kameradschaft nicht dazu führen darf, dass ethische Grundsätze vernachlässigt werden. So betonte der deutsche Generaloberst Franz Halder: "Kameradschaft darf nicht dazu führen, dass moralische Prinzipien missachtet werden. Der Soldat muss sich immer bewusst sein, dass er in erster Linie dem Völkerrecht und der Menschlichkeit verpflichtet ist."6

Kameradschaft sorgt im Idealfall dafür, dass sich Kompetenzen Einzelner in einer geschlossenen Einheit addieren, die durch nichts mehr zu trennen oder zu erschüttern sind. Sie hält unter Umständen ein Leben lang, wie dies besonders bei den Kriegsgenerationen zu beobachten ist. Es lässt den Schluss zu, dass umso fordernder die Umstände sind, umso tiefer und fester sich das Band der Kameradschaft strickt. Gründe hierfür liegen in der Psychologie des Menschen. Kameradschaft dient eben nicht nur als besondere Form der Gesellschaft mit all ihren Vorteilen, nein, sie hat ebenso die äußerst wichtige Funktion der psychologischen Verarbeitung von einschneidenden und für den einzelnen belasteten Erlebnissen.
Ein Beispiel aus dem Zivilen kann dies verdeutlichen. Nachdem ein Einsatz der Feuerwehr (vor allem bei den freiwilligen Kräften) beendet ist, fährt niemand der Beteiligten direkt nach Hause. Man trifft sich mit den Kameraden in der Wache und verarbeitet gemeinsam das Erlebte. Auch hier hilft der Kreis der Kameradschaft in der Einheit jedem einzelnen auf psychologische Weise.

Kam SFOR KFOR2

Oben: SFOR/KFOR Basisausbildung in Kühlsheim 7. Instandsetzungsbataillon 12 - Juni/Juli 2002, Bergung eines Verwundeten Kameraden

Kameradschaft im zivilen Kontext

Kollegialitätsnormen bilden sich in jeder Organisation heraus, jedoch entwickelt sich aus Kollegialität nur in bestimmten Organisationen die besondere Form der Kameradschaft. Dies betrifft nicht nur den militärischen Bereich, sondern lässt sich auch im zivilen Bereich beobachten, wie etwa bei der Feuerwehr, Polizei oder anderen gruppen- und teambasierten Organisationen. Kameradschaft tritt hier allerdings nicht so offensichtlich zutage und wird eher verborgener gelebt als im Militär. Auch hier geht es darum, dass die Mitglieder einer Organisation gemeinsam handeln und sich gegenseitig unterstützen, um in entsprechenden Situationen bestehen zu können. Als Beispiele können hier lebensbedrohliche Extremsituationen, aber auch routinemäßige Tätigkeiten wie Übungen angeführt werden.

So betonte Bernhard Schmitt, Feuerwehrmann in Frankfurt am Main, in einem Interview mit der Hessenschau: "Kameradschaft ist bei uns Feuerwehrleuten keine Floskel, sondern eine Lebenseinstellung. Wir arbeiten als Team zusammen und helfen uns gegenseitig, um unsere Einsätze erfolgreich zu meistern. Nur so können wir Menschen in Not helfen und unsere Aufgaben erfüllen."7

Auch im zivilen Bereich darf Kameradschaft jedoch nicht dazu führen, dass ethische Grundsätze vernachlässigt werden. Es ist wichtig, dass die Mitglieder einer Organisation stets im Einklang mit den Gesetzen und moralischen Prinzipien handeln. Hierzu betonte der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jörg Radek: " Kameradschaft bedeutet für uns bei der Polizei, dass wir füreinander einstehen und uns gegenseitig unterstützen. Aber es bedeutet auch, dass wir uns gegenseitig kritisieren und Verstöße gegen Regeln und Gesetze ansprechen. Nur so können wir das Vertrauen der Bevölkerung erhalten und unsere Aufgaben als Polizei erfüllen."8

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kameradschaft im zivilen Bereich, ebenso wichtig ist wie im militärischen Kontext, auch wenn diese im letztgenannten Bereich wesentlich offensichtlicher gepflegt und gefördert wird. Der Fokus liegt auf Zusammenhalt und Unterstützung innerhalb einer geschlossenen Einheit, unabhängig von Herkunft oder Persönlichkeit. Das Bindeglied aller Beteiligten sind die gemeinsamen Werte und die gemeinsame Sache. Kameradschaft ist als ungeschriebener Kodex zu verstehen, dem man sich und seinen Kameraden ein Leben lang verpflichtet fühlt. Treffend hat es Erich Kästner in einem Gedicht von 1928 beschrieben:

Kam Erich Kaestner 1961

"Kameradschaft ist nichts,
was man lernen kann,
man muss sie fühlen,
sonst ist sie nicht dran.
Kameradschaft heißt Hilfe,
wo Hilfe nötig ist,
Kameradschaft heißt Teilen,
auch wenn's nur wenig ist."
„Kameradschaft“ von Erich Kästner 9

 


[1] Wiktionary, Das freie Wörterbuch, DWDS, Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, berlin-brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Wikibrief.org, Duden, Wörterbuch, Wikipedia.org
[2] „Infanterie greift an“, Erwin Rommel, 1937
[3] Brief vom preußische König Friedrich der Große an den General Hans von Zieten im Jahr 1759
[4] Brief von Generaloberst Ludwig Beck an Major Hermann Graf Keyserlingk vom 7. Januar 1936
[5] Interview mit General der Bundeswehr a.D. Harald Kujat im Jahr 2013, Zeitschrift „Das Parlament“
[6] Tagebücher von Generaloberst Franz Halder, Eintrag vom 6. Juni 1944
[7] "Feuerwehrmann: 'Kameradschaft ist bei uns keine Floskel'", Hessenschau, 12.06.2019
[8] ""Polizist fordert: Wir müssen uns ändern", Neue Osnabrücker Zeitung, 07.12.2015
[9] Gedichtsammlung „Herz und Taille“, Erich Kästner, 1928

 

Bericht: Robby Schreiber
Bildquellen:
Bild 1: „Kameradschaft“, Bleistiftzeichnung des Verfassers, 2023
Bild 2: Friedrich II., Gemälde von Anton Graff, 1781
Bild 3: SFOR/KFOR Basisausbildung in Kühlsheim 7. Instandsetzungsbataillon 12 - Juni/Juli 2002, Bergung eines Verwundeten Kameraden, Archiv des Verfassers
Bild 4: Erich Kästner, 1961, Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“

 

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